100 Jahre Pfarrhaus

 

100 Jahre alt wurde das evangelische Pfarrhaus in Wackernheim im Jahre 2011. Wussten Sie das? Im Schlussstein der Haustür, einer in Stein gehauenen offenen Bibel, ist die Jahreszahl 1911 zu lesen. Der damals noch amtierende Pfarrverwalter Deggau schrieb in der Pfarrchronik: „Das Jahr 1912 stand unter dem Zeichen des Wechsels in der Besetzung der Pfarrer. Im März wurden die Arbeiten am Pfarrhaus wieder aufgenommen. Bis Mai wurde es fertiggestellt.“ Der neue Pfarrer fuhr fort: „Am Sonntag Trinitatis -2.Juni- wurde der neue Geistliche, Pfarrer Jakob Kraus durch Dekan lic. Jacob – Mainz in sein Amt eingeführt als der erste definitive Pfarrer der Pfarrei Wackernheim - Heidesheim. Das Pfarrhaus war notdürftig fertig geworden. Die Handwerker mussten noch den ganzen Sommer über tätig sein. Der kleine Garten hinterm Haus war vorerst noch eine Wüste aus Bauschutt. Beim Einzug fand sich an der Vorgarteneinfriedung sogar ein schmückendes Kranzgewinde – freilich schon nicht mehr frisch. Es war ein Überbleibsel vom in diesen Tagen grad gefeierten großen Stiftungsfest des Turnvereins (Sonntag vor Pfingsten), das gar glanzvoll verlaufen war und in den Gemütern die Lust nach neuen großen Festen wachgerufen hatte“.

 

1913 fuhr Pfarrer Kraus fort: „Zur Beschaffung eines Pfarrhausgartens wurde das anliegende Nöth’sche Grundstück erworben. So wurde für die Bedürfnisse einer Pfarrfamilie ausreichend Garten geschaffen … und die entsprechende Einfriedung … bewilligt.“ Soweit die Pfarrchronik.

 

Aus Gesprächen mit Gemeindegliedern war zu erfahren, dass die Handwerker hier aus Wackernheim stammten. Manch einer war stolz, an diesem schönen Haus mitgewirkt zu haben.

 

Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums war der Pfarrgarten am 18. Juni 2011 im Rahmen der „Offenen Gärten“ für die Wackernheimer von 11 bis 17 Uhr zugänglich. Inzwischen ist der Garten längst kein Nutzgarten mehr. Damals war es für die Pfarrfamilien lebensnotwendig, Gemüse, Kartoffeln und Obst anzubauen. Die ‚Single-Pfarrer‘ hatten daran kein Interesse. Für unsere Pfarrerin Frau Eichner-Fischer ist der Garten heute ein kleines Paradies, eine Oase der Ruhe. Sie nennt ihn liebevoll „Feld-Wald-Wiesengarten“. Jedenfalls ist der Pfarrgarten heute nicht mehr mit herkömmlichen Gärten vergleichbar und muss mit anderen Augen gesehen werden; ja er bittet um eine gewisse Toleranz dem altehrwürdig Gewachsenen gegenüber. Dieses „picolo paradiso“ zeichnet sich aus durch hohe Bäume, frisches Grün, viele Wildkräuter, die sich vitaminreich in Quark, Salat, Gemüse und Suppen wiederfinden. In manchen Ecken hat er das Flair eines Topfgartens. Eine unglaubliche Vielfalt von Vögeln dankt es täglich – besonders im Morgengrauen oder in der Abenddämmerung – mit einem bezaubernden Konzert. Eichhörnchen, Igel und Rehe geben sich mitunter ein Stelldichein. Ein Stück Erde wie von einer anderen Welt, ein Hauch von Ewigkeit empfängt einen, sobald man ihn betritt.