Konfirmanden

 

Ankündigungen der Konfirmandenstunden siehe:

Aktuelles / Gottesdienste / Ankündigungen

 

St. Martin in Wackernheim

 

 

Am Abend des 11.11.23 war es wieder so weit. Viele bunte Laternen, getragen von vielen kleinen Menschen mit großen erwartungsvollen trafen sich, als es dunkel wurde im Hof des Evangelischen Gemeindehauses. Dort hatten sich die diesjährigen Konfirmanden auf die Darstellung der Geschichte des Hl. St. Martin vorbereitet. Wie man auf den Bildern sieht mit Helm, Lanze und Schild.

 

> Nach einer Andacht von Pfarrerin Karin Becker ging es los. Als dann auch noch die Pferde von Sigrid Wolf mit St. Martin im Sattel erschienen und der frierende Bettler vom St. Martin die Hälfte seines Mantels erhielt waren die Kinder total fasziniert und die Augen wurden immer größer. Mit St. Martin zogen sie durch Wackernheim auf den Hof der Familie Beck, wo das große Feuer schon brannte und es für alle einen St.Martinsbrezel gab.

 

I.Meyer

 

 

Sankt Martin - Martin von Tours
Menschenfreund, Heiliger, Vorbild

 

 

Sulpicius Severus begann schon zu Lebzeiten die Geschichte um Martin, den Bischof von Tours schriftlich fest zu halten. Sicher hat seine Darstellung legendenhafte Züge und Einschlüsse, doch überlieferte er trotzdem viele wichtige Stationen im Leben des Heiligen, die als historisch anzusehen sind.

 

Martin war als Sohn eines Militärtribun durch das Gesetz verpflichtet, 25 Jahre im röm. Heer zu dienen. Der um 316 im heutigen Ungarn, als Sohn eines Militärbeamten geborene Martinus hatte vermutlich, wie es üblich war, mit 15 Jahren seinen Militärdienst angetreten. Das heißt, er war von 331 bis 356, also genau 25 Jahre im Dienst des röm. Heeres und wurde im Alter von 40 Jahren fristgemäß als Offizier aus dem Heer entlassen.

 

Weltbekannt ist die „Mantelteilung“ vor den Toren Armiens. Ein Bettler dem Tode nah, bekommt von Martin die Hälfte des Offiziersmantels geschenkt, damit er nicht erfriert. Severus stellt direkt den Bezug zu Matthäus 25 her, wo Jesus spricht: „Was du einem meiner geringsten Brüder getan hast, das hast du mir getan“.

 

Armenhilfe war und ist die „christliche DNA“ und zugleich das Bekenntnis zu Gott, dem Barmherzigen, den das Elend der Menschen berührt und Abhilfe schafft, durch Menschen, die ihm(Gott) Raum geben. Bereits im Judentum ist die Armenpflege fest verankert. So wundert es nicht, dass die Armenpflege und die Barmherzigkeit von

 

Jesus in den Fokus gerückt und von seinen Nachfolgern übernommen wurde. Jesus soll Martin mit der geteilten Mantelhälfte im Traum erschienen sein und jenen wichtigen Satz gesagt haben. „Was du einem meiner geringsten Brüder getan hast, das hast du mir getan“.

 

Schon als Kind war Martin mit der christlichen Lehre in Berührung gekommen. Mit 18 Jahren hat er sich von Bischof Hilarius taufen lassen.

Dass er seinen Militärdienst schadlos überstanden hat, war eigentlich nicht zu erwarten. Als Christ war er im röm. Heer äußerst gefährdet. Kurz vor Ende seines Militärdienstes verweigerte er sogar den Befehl, als eine Schlacht gegen die Alemannen unmittelbar bevor stand. Nachdem ihm Feigheit vorgeworfen wurde, stellte er sich als Vermittler zur Verfügung. Er wollte unbewaffnet zum feindlichen Heer gehen und sie zur Aufgabe bringen. Die Alemannen waren aber bereits in der Nacht kampflos abgezogen. Das galt als großes Wunder.

Martin muss im römischen Heer Menschen gehabt haben, die die Hand über ihn gehalten haben. Sicher hatte seine bescheidene und freundliche Haltung Eindruck hinterlassen - nicht nur bei dem Bettler, dem er das Leben gerettet hatte, sicher auch bei seinen Kameraden und Vorgesetzten im Heer.

 

Dass er später zum Bischof von Tours gewählt wurde, war nicht vorhersehbar und auch nicht unumstritten. Dem Klerus, der inzwischen meist aus der Oberschicht gebildet wurde, war Martin „nicht würdig“ genug. Außerdem stellte seine asketische Haltung ihre meist opulente Lebensweise infrage. Von der Mehrheit der Bevölkerung von Tours wurde Martin wegen seines hohen Ansehens und wegen seiner Glaubwürdigkeit in einer demokratischen Wahl als Bischof gewählt. Er war mit Sicherheit eine der glaubwürdigsten und von vielen Menschen verehrten Führungspersönlichkeiten, die die christliche Kirche je hatte. Mit Martin als Bischof erlebte die frühe christliche Kirche eine Sternstunde der Geschichte.

 

Am 8.11.397 verstarb er im Dienst auf einer Visitationsreise 40 km von Tours entfernt. Am 11.11.397 wurde er aufgebart auf einem Schiff in einer feierlichen Prozession von seinen Mönchen zur Bestattung nach Tours gebracht. Am Ufer des Flusses gaben ihm Tausende Menschen das Ehrengeleit. Es muss ein beeindruckendes Lichtermeer gewesen sein.

Seit dem wird am 11.11. an sein Begräbnis erinnert.

Der Laternenzug erinnert, an jene Prozession und den großen Rückhalt den Martin bei den ihm anvertrauten Menschen hatte.

 

Der Martinstag darf nicht in Vergessenheit geraten oder gar zum Klamauk verkommen. Es gibt ernsthafte Bestrebungen, den Martinstag in das UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen. Er beschreibt deutlich die christliche DNA und darf nicht aus falscher Rücksichtnahme in einen säkularen Lichter- oder Laternenumzug umgedeutet werden. Wer daran teilnehmen möchte, sollte sich des christlichen Hintergrundes bewußt sein oder werden.

 

Was St. Martin mit Gänsen zu tun hat, ist schnell beantwortet: Eigentlich nichts. Dass er sich im Gänsestall versteckt haben soll, als man ihn zum Bischof wählen wollte, halte ich für bloße Legende.

 

Aber am 11.11. war Zahltag.

Die Jahrespacht war fällig, die oft mit gemästeten Gänsen abgegolten wurde.

Um St. Martin und vor Weihnachten hatten die Gänse ihr Schlachtgewicht und kamen dann auch bei den Verpächtern zum Verzehr auf den Tisch.

 

Martin lebte als Bischof nicht in Saus und Braus. Im Gegenteil! Ich bezweifle, dass er jemals ein Stück Gänsebraten gegessen hat.

Er blieb zeitlebens Asket und fühlte sich den armen Menschen verpflichtet und lebte weiterhin freiwillig in Armut.

Er war weder verführbar noch bestechlich, unprätentiös und freundlich - ein Vorbild eben, ein Heiliger, mit ihm erlebte die christliche Kirche eine wichtige Prägung, die bis heute nachwirkt. Viele Kirchen wurden ihm geweiht, so auch die St. Martinskirche in Wackernheim. Wir fühlen uns in besonderer Weise verpflichtet, seinen Ehrentag in gebührender Form zu begehen und im Bewusstsein zu halten.

 

Pfarrerin Karin Becker, Wackernheim